Burkhardt, Robert (1893 - 1977). Ein Auge für die Region

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Robert Burkhardt (1893–1977)

Ein Auge für die Region

von Antonius Kunz

Erstveröffentlicht im Jahrbuch des Westerwald-Gymnasiums Altenkirchen 2001/2002. Copyright Antonius Kunz/AKdia

Unter der Bezeichnung „Archiv Burkhardt“ verwahrt das Kreisarchiv Altenkirchen den Nachlass eines Mannes, dem Altenkirchen und die Region Westerwald kriegsbedingt zur Heimat wurden, als er die 50 bereits deutlich überschritten hatte. Gleichwohl hat er Materialien und Bildquellen zur Lokalgeschichte und zur Regionalkunde in einem Umfang zusammengetragen, der seinesgleichen sucht.

„Wenn ich an mein Leben zurückdenke, so muss ich sagen, dass ich viel mitgemacht, aber ebensoviel erlebt, Glück und Freude gehabt habe.“ So hat Robert Burkhardt sein Leben bilanziert, das hier nur in seinen wichtigsten Stationen nachgezeichnet werden soll. Am 28. Juli 1893 als Sohn eines Postbeamten in Berlin geboren, besuchte er auch dort das Lessing-Gymnasium, anschließend die Kunstgewerbeschule (1912) und begann ein Jahr später das Studium an der Kunsthochschule „Unter den Linden“. Der Erste Weltkrieg unterbrach seine Ausbildung, Burkhardt erlebte und überlebte den Krieg als Offizier an der Front.

Nach dem Kriege schloss er sein Studium mit dem Staatsexamen ab und arbeitete als Kunsterzieher im Schuldienst. Am Realgymnasium in Friedeberg/Brandenburg fand er 1924 dauerhafte Anstellung. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen zerschlugen Burkhardt diese Existenz. Auf der Flucht verlor die Familie das einzige Kind, und aus Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, suchte Burkhardt einen Neuanfang in Altenkirchen, dem Geburtsort seiner Frau. Seit 1948 unterrichtete er am Altenkirchener Gymnasium bis zu seiner Pensionierung. Im Jahre 1975 überließ er seine Sammlungen dem Kreis Altenkirchen und gab damit einen Anstoß zur Einrichtung des Kreisarchivs. Robert Burkhardt verstarb am 3. Dezember 1977.

Die landeskundlichen, orts- und personengeschichtlichen Interessen Burkhardts fanden zum einen ihren Niederschlag in einer 75 Karteikästen umfassenden Sammlung von auszugsweisen Abschriften aus Archiv- und Bibliotheksunterlagen, von Zeitungsartikeln und eigenen Notizen. Schätzungsweise 100.000 Blätter sind zusammengekommen. Bereits ein kurzer Blick in diese Unterlagen zeigt, dass Burkhardt auch eine Sammlernatur war. Wenn es von ihm heißt, er sei nicht immer der problemloseste Heimatforscher gewesen, dann hat sicher der skeptische Blick historisch geschulter Personen auf dieses Sammelgebaren eine Rolle gespielt. Und es ist in der Tat nicht zu verkennen, dass neben manch aufschlussreicher Information z. B. Sammlungen von Familienanzeigen jeder Art (Verlobungs-, Hochzeits-, Geburts- und Todesanzeigen) allenfalls von untergeordneter Bedeutung sind. Mit Nachdruck muss aber der dauerhafte Wert des in 83 Mappen zusammengetragenen Bildmaterials herausgestellt werden. Auf meist über 100 Bogen pro Mappe sind hier eigene Fotografien und der Zeitung entnommene Bilddokumente zusammengestellt. Die systematische Anlage dieser Sammlung zeugt von planvoller und langfristig angelegter Spurensuche und Dokumentation. Burkhardt hat die Mappen in Anlehnung an die damalige Verwaltungsgliederung der Region geordnet und innerhalb der Mappen die Anordnung des Materials nach der alphabetischen Reihenfolge der Ort gewählt.

Die nachstehende Übersicht vermittelt einen ersten Eindruck von der Ausdehnung und der unterschiedlichen Bearbeitungsintensität des Raumes, dem die Aufmerksamkeit des Bearbeiters galt (in Klammern ist die jeweilige Zahl der Mappen angegeben):

Stadt Altenkirchen (13), Amt Altenkirchen (7), Altenkirchen/Landschaft (1), Amt Betzdorf (5), Amt Daaden (8), Amt Friesen¬hagen (4), Amt Flammersfeld (7), Amt Gebhardshain (3), Amt Hamm (5), Amt Herdorf (3), Amt Kirchen (8), Amt Weyerbusch (6), Amt Wissen (7), Kreis Westerburg (2), Oberbergischer Kreis, Siegen, Siegkreis, Dillkreis, Kreis Neuwied, Im freien Grund (je 1).

Die Bilder stammen aus den 1950er und 1960er Jahren. Bevorzugte Motive sind landschaftliche Einzelelemente (Bäume, Felsen, Aussichtspunkte), Dorfansichten, Wohngebäude (bevorzugt Fachwerkbau), Scheunen, Backhäuser, Brunnen und Kleindenkmäler aller Art. Allen von Burkhardt selbst fotografierten Bildern ist in hohem Maße eine dokumentarische Perspektive zueigen; Tendenzen zu nostalgischer Verklärung oder kitischigen Arrangements finden sich nicht. Für jedes einzelne Foto sind akribisch alle relevanten Daten vermerkt, und ebenso tragen die der Zeitung entnommenen Materialien exakte Quellenvermerke.

Robert Burkhardt hat ein sicheres Auge für die dörfliche Baukultur des Westerwaldes gehabt. Er hat sie dokumentiert zu einer Zeit, in der öffentliches und privates Interesse für dieses Thema nicht gegeben war und in der man aus falscher Scham und übereilter Orientierung an städtischen Mustern die überlieferte Bausubstanz als Entsorgungsfall sah. Die amtliche Denkmalpflege hatte erst 1935 den Kreis Altenkirchen in einem Übersichtswerk vorgestellt. Die denkmalwürdigen Objekte rekrutierten sich nach dieser Übersicht aus den Schlössern und Herrensitzen, den Sakralbauten und einigen wenigen städtischen Bauten. Bäuerliche Wohn- und Wirtschaftsgebäude galten noch als derart alltäglich, dass man sich einer Dokumentationspflicht weitgehend enthoben sah. Burkhardt sah hingegen auch auf den Dörfern mit Schnitzwerk oder Inschriften versehenes Fachwerk, lenkte die Aufmerksamkeit auf Konstruktionsprinzipien, die man in den 1980er Jahren wieder im Rahmen einer „naiven Architektur“ wahrnehmen und schätzen lernte. Aus Stein gemauerte Ziehbrunnen und Backhäuser in unterschied lichster Bauausführung waren ihm einer Dokumentation wert. Grenzsteine, Holzbrücken und hölzerne Grabtafeln (auf dem Almersbacher Friedhof) – Burkhardt hat sie im Bild festgehalten.

Auch wenn ihm als Privatmann natürlich eine flächendeckende Dokumentation nicht gelingen konnte, so bieten seine Materialien doch einen reichhaltigen Fundus für jeden landeskundlich Interessierten. Wer an Bilddokumenten zur Siedlungsentwicklung oder zum Strukturwandel des Umlandes von Altenkirchen interessiert ist, für den sollte es Pflicht sein, das „Archiv Burkhardt“ zu sichten.

Copyright Antonius Kunz/AKdia


Literatur:

  • Käppele, Karl: Robert Burkhardt +. In: Heimat-Jahrbuch des Kreises Altenkirchen 1979, S. 20.
  • Volz, Franz-Eugen: Leben und Werk Robert Burkhardts. In: ebd. 1977, S. 244-246.





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